SCHÜSSLERSALZE – Szenische Lesung mit MILICA VUJADINOVIĆ und DRAGANA W. AVOKADOVIĆ
Ein Text von ARMINA GALIJAŠ und TANJA ŠLJIVAR Übersetzung: SILVIA STECHER
Regie: ELENA BAKIROVA
Mit anschließendem Künstlerinnengespräch
Im Rahmen der Ausstellung: Rendezvous extended: Von Brüchen und Brücken
Die Ausstellung ist noch bis 28.10.2023 zu sehen.
Kuratorinnen: Elke Murlasits + Silvia Stecher
Beteiligte Künstler:innen:
studio ASYNCHROME, Azra Akšamija, Andrea Eidenhammer, Elena Bakirova, Armina Galijaš, Gudrun Lang, Ursula Kiesling, Roman Klug, Fabian Knöbl, Franz Konrad, Brigitte Kovacs, Elke Murlasits, Nadija Mustapić, Precious Nnebedum, Tanja Šljivar, Milica Vujadinović, Dragana W. Avokadović
Mehr Infos zur Ausstellung:
Gesellschaftliche Brüche waren und sind allgegenwärtig: die ungleiche Verteilung von Kapital, Einkommen und Ressourcen, der Kampf um die Deutungshoheit zwischen Wissenschaft und Boulevard und die ewige Frage nach „den Schuldigen“. Das sind je der Westen/Süden/Osten, die Migrant:innen, die Expert:innen, die Frauen/Männer/LGBTIQ*, die Politik, die Wirtschaft. Auf alle Fälle „die Anderen“.
Zurück bleiben Brüche: in Köpfen, Städten, zwischen Menschen, Ländern und Einflusssphären der Macht sowie politischen Utopien. In der aktuellen Ausstellung „Von Brüchen und Brücken“ befassen sich die Künstler:innen mit der Möglichkeit, Brücken zu bauen. In der Weltgemeinschaft, ohne den alten Schmäh vom „armen, unterentwickelten Süden/Osten etc.“ un-/bewusst zu reproduzieren. In der Sozialarbeit ohne mitleidsvollen Charity-Gestus. In der Kunst, ohne diese Brüche mit reiner „Kulturkosmetik“ zu retuschieren.
Dabei hinterfragen die Künstler:innen sich selbst: Wie kann der Kunstbetrieb hochgradig elitär sein und trotzdem emanzipatorisch agieren wollen? Kapitalismuskritisch, wo er doch von Verkaufszahlen und Besucher:innenquoten abhängig ist? Selbstreflexiv, aber immer noch von der Idee des künstlerischen Genies getragen?
Das Ausstellungsformat „Rendezvous extended“ versucht, dafür die adäquaten Voraussetzungen zu schaffen und arbeitet dabei mit der befreundeten Institution Pavelhaus – Pavlova hiša in Bad Radkersburg zusammen, die dort selbst eine Ausstellung zum selben Thema gestaltet hat. Auch die an beiden Orten beteiligten Künstler:innen arbeiteten eng unter- und miteinander. Im Schaumbad treffen nun vor allem Arbeiten aufeinander, die partizipativ sowie aus einem lokalspezifischen Forschungsinteresse heraus entwickelt wurden.
So machen abstrakte Arbeiten die Funktionsweisen und Tücken von Brücken zum Thema, wenn die zugleich massive wie filigrane Keramikkette von Gudrun Lang den Ausstellungsraum auf fragile Weise zusammenhält. Wenn Elke Murlasits über ihre Treppe ins Ungewisse führt, während die holprige „Logbridge“ von Roman Klug zwischen Spielgerät, Balanceakt und „Büßer:innenwinkerl“ changiert.
Kunst als überbrückendes Medium befragen Marleen Leitner und Michael Schitnig als studio ASYNCHROME. Sie besuchten im Jahr 2016 auf Einladung des vierten „Apartman Art Project“ Bosnien und stellten sich dabei den Brüchen in den Erzählungen Bosniens – vom und über den Krieg, über Nation und deren Ursprung in ihrer dreiteiligen Zeichnung „Questions on Banja Luka“.
Ebenfalls von außen eingetaucht ist Ursula Kiesling, die als Künstlerin, Germanistin und Botschafterin gemeinsam mit Bianca Tschaikner Paschtuninnen an der Grenze zwischen Afghanistan und Pakistan besuchte. Dort beschäftigten sie sich mit „Tappa“, der klandestinen Lyriktradition, die die Frauen während des gemeinsamen Wasserholens praktizieren. Darin machen sie sich über Männer und die Machtverhältnisse lustig. 25 bemalte Objekte bringen diesen von vielen Seiten gefährdeten „Zwischenraum“ ins Schaumbad.
Einem weiteren Zwischenraum widmete sich Azra Akšamija: dem Kulturtransfer zwischen Bosnien und Österreich entlang der sogenannten „Gastarbeiterroute“. Von der Kunst gerne als „weiblich konnotiertes Handwerk“ übersehen, bearbeitete sie Stickereien aus beiden Regionen und überlagerte diese zu einer aktualisierten und ironisierten Version. Bereits vor einigen Jahren in Graz im Rahmen des „Klanglicht“-Festivals gezeigt, gibt Akšamija im Schaumbad die Möglichkeit, in beinahe embryonaler Ruhe in diese Videoarbeit einzutauchen.
Franz Konrad gibt anhand seiner ausgestellten Modelle Einblick in den Arbeitsprozess zur Entwicklung eines Denkmals für einen zum Mythos gewordenen „Brückenbauer“ des ambivalenten Grazer Kulturbetriebs.
Brigitte Kovacs und Fabian Knöbl haben sich auch auf den Weg gemacht – um Deutschland und Frankreich, das Gehen und Wahrnehmen, das Streunen und Kunstschaffen in einer Wanderung im Zeichen von DADA zu verknüpfen. Fundstücke und ein Kunstbuch wandern ebenfalls ins Schaumbad, um dort von ihrer Reise zu erzählen.
Ebenfalls zu sehen ist Kovacs҆ Arbeit „Von Ufer zu Ufer“, in der die Künstlerin und PH-Lehrgangsleiterin jenen See durchschritten hat, der den Bruch zwischen Österreich und Ungarn befüllt: den Neusiedlersee. Knöbl hingegen be-/zeichnete die Verbindung mehrerer Kunstinstitutionen miteinander und mit der Öffentlichkeit – und das wortwörtlich – mit Kreide. Fotografien dieser Performance werden die jeweils kollaborierenden Ausstellungshäuser Grad Grad (SLO), Pavelhaus – Pavlova hiša (AT) und das Schaumbad – Freies Atelierhaus Graz (AT) miteinander nochmals verknüpfen.
Verbinden wollen auch Andrea Eidenhammer, Nadija Mustapić und Precious Nnebedum, und zwar Frauen* und deren Pandemieerfahrungen. Beim Tanzen und beim öffentlichen Sprechen – mit der Welt außerhalb der eigenen Blase. Der „Female Speakers Corner“ lädt auch die Besucher:innen ein, das Wort zur Brücke zu machen.
Zentraler Teil des Projekts ist das von Silvia Stecher für das Pavelhaus sowie für das Schaumbad kuratierte Literaturprogramm, das eine literarische Brücke zwischen den beiden involvierten Ausstellungshäusern und zu den ausgestellten Arbeiten schlägt. Am 17. Oktober bringen Dragana W. Avokadović und Milica Vujadinović in einer szenischen Lesung unter der Regie von Elena Bakirova den Text „Schüsslersalze“ von Armina Galijaš und Tanja Šljivar auf die Bühne. Und das mit freundlicher Unterstützung der LiCHTUNGEN und Uni-T.
Darin treffen sich zwei Frauen am Bahnhof in Graz. Ihre Begegnung ist zufällig und doch vertraut: In einem Gespräch imaginieren sie eine Freundschaft sowie gemeinsame Erinnerungen an die Stadt, in der sie geboren und aufgewachsen sind: Banja Luka. Von wo die eine wegging, bevor die andere dort sozialisiert wurde. Wiederholt markiert die Frage „Erinnerst du dich an …?“ die narrative und performative Bildung vorgestellter Gemeinschaften unter verschiedenen Machtkonstellationen zwischen Krieg, Flucht, Exil und Transition. Wer bemächtigt sich welcher und wer schreibt wessen Geschichte im „Staging of Nations“?
Ausstellungseröffnung: 14.09.2023, 18:30 Uhr
Ausstellungsdauer: 15.09. – 28.10.2023
Öffnungszeiten: Mo.–Fr., 9:00–14:00, Mi.–Sa., 14:00–18:00 Uhr
oder auf Anfrage unter +43 (0) 664 3557830 oder schaumbad@mur.at
Mehrsprachige Führungen (FR/BKS/EN/UKR) durch die Ausstellung: jeweils Do. 17:00 Uhr & Sa. 15:00 Uhr