Das Gefühl oder die Haltung enthusiastischer Peinlichkeit ist zweifellos mit einer Vorstellung humorvoller Unbeschwertheit verbunden – aber ebenso sehr mit einem Gefühl ernsthafter Hartnäckigkeit, allen Widrigkeiten zum Trotz. Sie ist sicherlich mit Ironie verbunden – aber auch mit einem zutiefst unironischen, eher enthusiastischen Glauben an die Notwendigkeit und Möglichkeit, etwas, das als unangenehm oder peinlich erkannt wurde, durchzuhalten und fortzusetzen. Eine der wichtigsten Haltungen oder Gefühle, die der modernen und zeitgenössischen Kunst zugrunde liegen, ist eine enthusiastische Albernheit, die auch vor dem Peinlichen, dem Unvernünftig-Dummen nicht zurückschreckt. Die epochenübergreifende Ausstellung umfasst Werke von rund 100 Künstlerinnen und Künstlern aus der ganzen Welt und spannt einen Bogen von früheren Jahrhunderten des Kunstschaffens bis in die unmittelbare Gegenwart.
In der Moderne seit dem 19. Jahrhundert im Allgemeinen und den klassischen Avantgarden des frühen 20. Jahrhunderts im Besonderen ist eine ganz bestimmte Dialektik am Werk: Auf der einen Seite kühne Innovationen, radikale Negation und ästhetische Dogmen – aber auf der anderen Seite auch eine gewisse Art des Lachens, die die Grundlage für die Entstehung dieses Ausstellungsprojekts bildete. Es ist ein Lachen, das Spaß macht und zugleich – ohne nur skandalisieren zu wollen – alle Konservativitäten, Bigotterien, Moralvorstellungen und nicht zuletzt avantgardistische Dogmatismen unterläuft. Indem es sich gegen den Gebrauch von Kultur zur Einschüchterung, zur Absicherung unverdienter Privilegien wendet, zeigt dieses Lachen, wie Autorität ihren Halt verliert, wie die pompöse Geste und das Bild des Helden entkräftet werden.
In thematischen Sektionen sind Werke zahlreicher bedeutender Künstler*innen vertreten – von Franz Xaver Messerschmidt über Alfred Jarry und Elsa von Freytag-Lohringhoven, Marcel Duchamp und René Magritte, Giorgio de Chirico und Sturtevant, Maria Lassnig und Martin Kippenberger bis hin zu zahlreichen jüngeren Positionen der Gegenwartskunst wie zum Beispiel von Paul McCarthy, Nicole Eisenman, Fischli & Weiss, Isa Genzken, Katrin Plavčak, Kilunji Kia Henda oder Ming Wong. Ernsthaft?! kokettiert mit dem Humor der Katastrophe, dem schlechten Geschmack, dem Camp-Ansatz, der B‑Movie-Kultur, Science-Fiction, Horror etc., sowie der Unreife, der Idiotie, der Intuition und natürlich der Leidenschaft – und nicht zu vergessen mit dem Enthusiasmus.
ERNSTHAFT?! Albernheit und Enthusiasmus in der Kunst wurde zuvor in der Bundeskunsthalle Bonn und in den Deichtorhallen Hamburg/Sammlung Falkenberg gezeigt. In Graz findet die Ausstellung in Kooperation mit der Neuen Galerie am Universalmuseum Joanneum statt.