Steirische Kulturinitiative: TanzTheater – Positionen
Mit aktuellem Tanz- und Körpertheater beschäftigt sich die Steirische Kulturinitiative seit fast 30 Jahren, noch länger verfolgt Herbert Nichols-Schweiger die Entwicklung des japanischen Tanztheaters Butoh. Diese Beschäftigung kulminiert nun in einem von Nichols-Schweiger kuratierten Mini-Festival mit vier sehr unterschiedlichen Positionen, die die beeindruckende Bandbreite und Vielfalt dieser ästhetischen Kunst sicht- und erlebbar machen.
An zwei Abenden wird der Prozess der künstlerischen Verwandlung des Ende der 1950er aus Japan kommenden und weltweit weiter entwickelten Butoh nachgezeichnet: ein künstlerischer Weg, der von gesellschaftlichen Brüchen (japanische Uralt-Traditionen, der bislang einzige kriegerische Atombombenabwurf und die anschließende US-Coca-Cola-Kultur der 1950er- und 1960er-Jahre in Japan) evoziert wurde und dessen künstlerische Implikationen (u.a. auch der sogen. Deutsche Ausdruckstanz und weltweiter künstlerischer Aktionismus) in eine neue Tanzwelt entwuchsen.
„Positionen“ zeigt nun vier bisher kaum in der Steiermark vertretene KünstlerInnen, die unterschiedliche Generationen und Stile der weltweiten Butoh-Bewegung repräsentieren.
9. September 2022, 19 Uhr
Stephanie Tietz (A): less is more
more or less a poem. [weniger Asphalt mehr Wald / weniger Lärm mehr Stille / weniger Krieg mehr Frieden]
Vor allem aus eigenem Antrieb, aber auch unter den Fittichen von Yumiko Yoshioka – in Graz von vielen Produktionen bestens bekannt – strebt die in Wien lebende Stephanie Tietz zu neuen Ufern des Tanzes. Zwischen Natur und Dekonstruktion findet sie frische Möglichkeiten.
Stephanie Tietz lebt und arbeitet als freischaffende Tänzerin in Wien mit Schwerpunkt Performancekunst, Tanztheater, Butoh. Vielfach transdisziplinär tätig mit Künstler:innen aus den Bereichen Musik, bildende Kunst, Literatur, Theater, sowie mit Wissenschaftler:innen in Art meets Science Projekten. Ensemblemitglied bei Metaffa Tanztheater (Kunst und Klima kennen keine Grenzen – interregionales Projekt CZ/A 2022), KunstbeTriebs Company (Female Embodiment, 2022), Improper (Planet BBL, 2022), Orakel (Labyrinthos, 2021), MayuKan ButohDance Company (PanD’orA, 2021).
„Meine Arbeit fokussiert Tanz als Experiment und Dialog mit Zeit, Raum und dem Dazwischen – als Verkörperung im Jetzt.“
Ken Mai (FIN): The Swan Hymn
Ein Werk, das Butoh und klassisches Ballett weit integriert, um einen solch anmutigen Kontrast zu erreichen. Das Stück ist inspiriert von Anna Pawlowas Ballett Der sterbende Schwan. Ken Mai entwickelte es zu einem innovativen, zeitgenössischen Schöpfungsprozess. Es integriert Elemente des klassischen Balletts, die einen zarten und eleganten Kontrast zu den Elementen des heutigen Tanzes herbeiführen. Eine surreale Darstellung der Welt, in der Realität und Fantasie zusammenkommen, um Angst, Freude, Liebe,Tod, Hymne und heilige Phänomene auszudrücken. Der Körper in Bewegung zieht eine anmutige Form im Weltall.
Ken Mai ist in Japan geboren, lebt in Helsinki, Finnland und ist Butoh-Künstler, Choreograph, Lehrer, Singer und Yogi. Schon sein Lehrer, der legendäre Butoh-Finder Kazuo Ohno, war stark vom berühmten deutschen Ausdruckstanz beeinflusst. Ken Mai performt und lehrt in mehr als 30 Ländern.
10. September 2022, 19 Uhr
DaniMayu (A): nothing but
Ausgangspunkt ist das Erwachen nach jahrelangem Warten und Hoffen. Das Leben ist zum Stillstand gekommen und man weiß nicht einmal mehr, worauf man gewartet hat.
Für DaniMayu ist Tanz ihre Stimme: „Ich entwickle Bilder aus (m)einem Thema heraus, die meinen Körper bewegen. Das, was die Zuschauer empfangen, ist deren Antwort. Beides, meine „Bilder“sowie die inneren Bilder der Zuschauer*innen, gehen auf unsere individuellen Erfahrungen und Geschichte genauso wie auf unser universelles Bewusstsein zurück. Hierbei gibt es daher kein richtig oder falsch.“
DaniMayu ist Österreicherin mit sehr viel Tanzerfahrung in Japan und betreibt in Wien ein Butoh-Zentrum mit Schule.
Yuko Kaseki (JPN/D): 9 steps to dust
Eine Katze hat neun Leben, dann wird sie zu Staub – Ziel des Staubes ist eine neue Katze.
Kusozu wird in der buddhistischen Kunst oft als weiblicher Körper dargestellt und ist eine herausfordernde Betrachtung flüchtiger Existenzen, über die man nachdenken kann. In neun Schichten innerer und äußerer Verwandlung findet das Werk seine eigene physische Metamorphose aus Fleisch und Knochen, Wasser und Kalk, Luft und Staub. Ihre Performance zielt darauf ab, die Existenz des Außenseiters zu reflektieren.
Yuko Kaseki ist Regisseurin, Choreographin, Butoh-Tänzerin, Performerin und lebt als gebürtige Japanerin seit 1995 in Berlin.